Automatische Bremsprobe
Der automatisierte Prozess schafft enorme Effizienz im Rangierbetrieb.
Die automatisierte Bremsprobe ist keine Zukunftsvision mehr. Sondern eine Anwendung für heute.
Wir alle leben schon längst in einer automatisierten Welt. Nur im Schienengüterverkehr ticken die Uhren anders. Automation ist ein zwar geflügeltes Wort, aber im Bahntransport sind automatisierte Systeme noch weit weg vom Alltag. Da haben wir einfach an der Uhr gedreht. Das Ergebnis: Die automatisierte Bremsprobe ist ein fertig entwickeltes System, das bereits bei 200 Wagen der SBB Cargo im Einsatz ist.
Die Notwendigkeit für eine automatisierte Überprüfung der Bremse ist aus mehreren Gründen gegeben. An erster Stelle ist der enorme Zeitaufwand zu nennen. Die manuelle Funktionsüberprüfung der Bremsen an einem 500 m langen Güterzug der SBB Cargo nimmt 2 Mitarbeiter je 40 Minuten lang in Anspruch. Eine Brems-Überprüfung ist vorgeschrieben bei neu zusammengestellten Zügen oder nach einer Stillstandzeit von 24 Stunden. Die SBB Cargo führt diesen Vorgang ein mehreren Hundert Zügen täglich durch. Die Tätigkeit ist für das Betriebspersonal körperlich anstrengend, ergonomisch nachteilig oder anspruchsvoll. Schlechte Wetterbedingungen (Regen. Schnee, Kälte oder Hitze) und Nachteinsätze erschweren die ohnehin harte Arbeit zusätzlich.
Die Problematik
Bremsproben im Güterverkehr sind aufwändig, mühevoll und personalintensiv: Im Gegensatz zu Personenzügen wird der Zustand händisch überprüft. Ein Mitarbeiter kontrolliert an jeder einzelnen Achse, ob die Bremsklötze angelegt sind. Die Überprüfung ist jedes Mal erforderlich, wenn Waggons abgetrennt wurden oder der Zug 24 Stunden stillstand. Bei einem 500 m langen Güterzug kann eine Überprüfung bis zu 40 Minuten dauern.
Die Lösung
Die internationale Innovationspartnerschaft mit SBB, RCG und PJM hat eine optimale Lösung für diese Problematik entwickelt: Die „automatische Bremsprobe“.
Mit dem patentierten Monitoring-System WaggonTracker hat PJM einen neuen Standard in der Lösung des intelligenten Güterzugs gesetzt. Nun wurde der WaggonTracker um die Funktionalität der automatischen Bremsprobe erweitert. Der Zeitgewinn mit der automatisch durchgeführten Bremsprobe ist enorm und beträgt 45 Minuten schon bei 500 m langen Güterzügen und die automatisierte Überprüfung kann von nur einer Person durchgeführt werden. Bei längeren Zügen vergrößert sich die Zeitersparnis. Die Zeitersparnis ergibt sich aus den Erfahrungswerten der SBB Cargo, wo mittlerweile knapp 200 Wagen mit dem automatischen Bremsprobe-System ausgestattet und erfolgreich im Einsatz sind. Das schafft enorme Effizienz im Rangierbetrieb und erspart den Mitarbeitern die mühsame Kontrolle am Zug selbst, die bisher auch unter widrigsten Wetterbedingungen notwendig war.
Wie funktioniert die automatische Bremsprobe?
Der „WaggonTracker“ ist ein umfassendes Monitoring-System, dass durch seine autonome Energieversorgung und automatisierten Prozesse besticht. Die WaggonTracker Plattform sammelt über höchstpräzise Mess-Sensoren relevante Daten des Güterzugs, die in Echtzeit übersichtlich und benutzerfreundlich auf einem mobilen Bediengerät dargestellt werden.
Für die SBB wurde der WaggonTracker um die automatische Bremsprobe erweitert. Dafür wurde eine zusätzliche Mess-Sensorik konzipiert und entwickelt, die eine automatische Überprüfung der Bremsen ermöglicht. Eine übersichtliche Auswertung der Brems-Messungen wird auf dem Tablet des Zugführers oder Bremsproben-Verantwortlichen angezeigt.
Die automatische Bremsprobe erfüllt hinsichtlich Betrieb und Fahrzeug sämtliche sicherheitsrelevanten Vorgaben.
Realisierungsschritte auf einen Blick
- Seit August 2017 sind bei der SBB Cargo Pilotzüge im betrieblichen Einsatz. Bis zum Testende absolvieren die Wagen 1.000.000 Kilometer. Alleine bei 20 Wagen wird die Bremsprobe 500 Mal gemacht und die Bremsen aller Wagen werden 10.000 Mal geprüft. Parallel zur Betriebserprobung werden bei der SBB Cargo die Betriebsprozesse an das neue automatisierte System angepasst, beispielsweise in den Bereich Schulung, IT oder Werkstatt. Für die SBB Cargo ist die automatische Bremsprobe ein wichtiger Bestandteil im Automationsprojekt „Ein-Personen-Betrieb“. Mittlerweile hat die SBB Cargo rund 200 Wagen mit dem automatisierten Bremsprobesystem ausgestattet.
- Jänner 2022: Mercitalia Intermodal hat einen Pilotzug für den Intermodalverkehr im Einsatz.
- März 2022: Die Innovation automatisierte Bremsprobe von PJM wurde vom TÜV begutachtet und ohne weitere Auflagen positiv beurteilt. Damit ist das PJM-System das erste in Europa, das sämtliche technische und formale Kriterien erfüllt und bereits in weitflächiger betrieblicher Erprobung ist.
- Juli 2022: Die DB Cargo hat im Rahmen des Projekts AmaBPro einen Pilotzug mit dem PJM-System ausgestattet, der den operativen Parallelbetrieb kürzlich aufgenommen hat. Je nach Auslastung wird die Bremsprobe 4 – 6 Mal täglich bzw. rund 1.800 Mal im Jahr automatisiert durchgeführt werden. AmaBPro ist Teil des vom BMDV geförderten Programms Zukunft Schienengüterverkehr. Als Projektpartner ist auch die TU Berlin (Institut für Land- und Seeverkehr, Fachgebiet Schienenfahrzeuge) an Bord.
Die Vorteile
- Enormer Zeitgewinn: Der am schnellsten sichtbare Effekt der ABP ist der Zeitgewinn, der mit der Zuglänge zunimmt. Bei einem ca. 400 m langen Güterzug beträgt die Zeitersparnis ca. 30-35 Minuten. Zugleich werden die Stillstandzeiten von Lokführer und Lokomotive deutlich minimiert.
- Schnellere Umlaufzeiten: Erhöhung von Terminal-Kapazitäten durch schnellere Abfertigung.
Dokumentation: Da Sensoren das Bremssystem bei jeder Bremsprobe überwachen, sind Funktion und Zustand erfasst und dokumentiert. - Realisierung des Ein-Personen-Betriebs: Die ABP ermöglicht die Umsetzung einer Ein-Personen-Bedienung, zB durch den Lokführer.
- Sofortiger Benefit: Sobald das System implementiert und in Betrieb ist, profitiert das EVU von den Vorteilen. Zeitgewinn, höhere Umlaufzeiten, weniger Personaleinsatz u.ä. sind sofort wirksam.
- Neue, attraktive Berufsbilder: Die ABP bedeutet für das Rangierpersonal und die Bremsprobenverantwortlichen eine Verbesserung ihres Berufsbildes. Statt der mühsamen und anstrengenden körperlichen Tätigkeit steht die Bedienung eines interaktiven Assets im Fokus.
- Digitalisierung im Schienengüterverkehr erhöht die dringend benötigte Wettbewerbsfähigkeit. Die ABP ist eine unumgängliche Investition und Innovation, die für jeden Anwender einen großen Vorteil verschafft. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist dies essenziell, da der Schienengüterverkehr nicht nur günstiger ist, sondern auch wesentlich zur Erreichung der Klimaziele beiträgt.
Gehört bald der Vergangenheit an: Die manuelle Bremsprobe, die zeitaufwändig und anstrengend ist.
Video: Die automatische Bremsprobe im Betrieb
Kontakt
Mag. Felix Egger-Cimenti
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